Grusswort

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Grußwort Jahreskongress Philologenverband SH 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit an dieser Stelle ein Grußwort an Sie zu richten.
Ihre Einladung zeigt uns, dass auch Sie die Vernetzung für wichtig achten. Wir hal-ten einen Dialog auf Augenhöhe für wesentlich. Dieser Dialog muss auf Schulebene und zwischen den Vertretungen geführt werden. Schule profitiert, wenn Eltern ernst-haft in die Gremien eingebunden werden. Wichtig für das Gelingen von Bildungspoli-tik ist, dass auch die Politik diesen Dialog führt und nicht durch Erlasse Realitäten schafft, die von der Mehrheit nicht gewollt sind. Die Art und Weise der Abschaffung der Noten und der Übergangsempfehlung ist ein Beispiel hierfür.
Wir benötigen deutlich mehr Transparenz im Bildungssystem. Für mangelnde Trans-parenz gibt es viele Beispiele. So empfinden wir es als Verschleierungstaktik, wenn im Bericht zu Unterrichtssituation von 0,5% ersatzlos gestrichenen Unterrichtsstunden an den Grundschulen und von 2,6% an den Gymnasien berichtet. In unseren Augen sollte es nicht als vertretener Unterricht geführt werden, wenn über 50 Kinder Willi will‘s wissen oder gar König der Löwen schauen, wenn eine Schulbegleitung, ein El-ternteil, oder auch der Hausmeister eine Klasse betreut, wenn Klassen aufgeteilt dem Unterricht anderen Klasse beiwohnen. Aus Wahrnehmung der Elternschaft ist dies kein Unterricht und sollte auch nicht als solcher betrachtet werden. Hier stimmt die Wahrnehmung der Politik nicht mit der Mehrheit überein.
Im Zuge der Einführung von G8 wurden zwei Unterrichtsstunden gestrichen und dafür zwei Unterrichtsstunden als Intensivierungsstunden doppelt besetzt. Wenn nun die Doppelbesetzung aufgelöst wird und keine Intensivierungsstunde stattfindet ist dies aus Sicht der Politik kein Unterrichtsausfall. So kann man Unterricht streichen, ohne dass Unterricht ausfällt! Irgendwie stimmt dann wohl nicht!
Wir halten Qualitätssicherung und die Überprüfung schulischer Arbeit für sinnvoll. Doch bedarf dies nicht unbedingt neuer Verfahren. Vielmehr sollten die Lehrkräfte und insbesondere Schulleitung und Schulaufsicht geschult und unterstützt werden. Ferner sollten bestehende Instrumente genutzt und hinsichtlich ihrer Wirkung kritisch betrachtet werden. So wird der Nutzen von VERA von den Lehrkräften eher gering geschätzt. Diese empirische Evidenz sollte zu einer kritischen Analyse und Anpas-sung des Instrumentes VERA führen. Aus den VERA Ergebnissen müssen auch Handlungen abgeleitet werden. Bei den letzten VERA 3 Arbeiten erreichten z.B. fast 20% der Schülerinnen und Schüler im Bereich Mathematik („Daten Zensuren und Wahrscheinlichkeit“) nicht die Mindestanforderungen. In der Gruppe Schülerinnen und Schüler „Deutsch nicht dominant“ sogar über 35%. Diesen Schülerinnen und Schülern fehlen basale Kenntnisse, um den erfolgreichen Übergang von der Grund-schule in eine weiterführende Schule zu bewältigen. Bevor wir weitere Instrumente der Qualitätssicherung und Inspektion einführen, sollten wir diesen Schülerinnen und Schülern besondere Aufmerksamkeit schenken. Kein Schüler, keine Schülerinnen sollte die Grundschule mit Kenntnissen unter den Mindestanforderungen verlassen. Wir befürchten, dass sich das Problem durch die wachsende Gruppe „Deutsch nicht dominant“ weiter verschärfen wird.
Inklusion und Integration ist eine große gesellschaftliche Aufgabe, an der gemein-sam mit allen Akteuren unter Berücksichtigung vieler Perspektiven gearbeitet werden muss. Wichtig ist dabei die Vielfalt der individuellen Situationen nicht aus den Augen zu verlieren. Inklusion und Integration stellen neue Anforderungen im schulischen Alltag und damit auch an Sie als Lehrkräfte. Für das Gelingen benötigen Schulen, auch die Förderzentren, ausreichende Ressourcen. Wie kann es sein, dass selbst an den Förderzentren geistige Entwicklung Eltern individuelle Schulbegleitung beantra-gen müssen, um ihren Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Diese Schulbeglei-tungen halten zurzeit ein geschwächtes Bildungssystem am Laufen in dem sie bspw. Aufsichten und Vertretungen übernehmen. Wie kann es sein, dass in dem diesjähri-gen Planstellenzuweisung Verfahren die DAZ Kinder der Aufbaustufe II nicht berück-sichtigt werden. Bildung und Erziehung müssen eine solche gesellschaftliche Bedeu-tung haben, dass ein ausfinanziertes Bildungssystem höchste Priorität hat.
Ich persönlich möchte Sie bitten sich als Verband dafür einzusetzen, dass die Schü-lerinnen und Schüler in der Oberstufe entsprechend ihrer Neigungen wählen können und dass die Naturwissenschaften gestärkt werden. Entgegen Empfehlungen, die die Bedeutung der Naturwissenschaften für die Entwicklung Europas betonen und die einen Mangel an naturwissenschaftlich gebildeten und interessieren jungen Men-schen feststellen, hat ein Großteil der Oberstufenschüler in Q1 und Q2 nur eine Na-turwissenschaft, oftmals Biologie. Vielfach besteht nicht die Möglichkeit eine andere Naturwissenschaft oder gar eine zweite Naturwissenschaft zusätzlich zu wählen. Selbst im naturwissenschaftlichen Profil haben Schülerinnen und Schüler nicht im-mer die Möglichkeit alle 3 Naturwissenschaften zu belegen. Im Planstellenzuwei-sungsvefahren (PZV) werden Extrastunden für kleine Lerngruppen der 3. Fremdspra-che ausgewiesen. Warum nicht auch für das Angebot aller Naturwissenschaften in der Oberstufe ?
Zum Schluss möchte ich Ihnen danken. Wir haben empirische Evidenz dafür, dass Sie als Lehrerinnen und Lehrer der bedeutendste Faktor für das Gelingen von Unter-richt sind. Für erfolgreichen Unterricht brauchen wir gute Lehrer. Lehrer die über pä-dagogische Wissen, Fachwissen und auch fachdidaktisches Wissen verfügen. Leh-rer,
die aktivierende Lernumgebungen gestalten, die Klassen führen, die klare Regeln aufstellen. Lehrer mit Diagnosekompetenz und der Fähigkeit Feedback zu geben. Lehrerinnen und Lehrer die Elterngespräche effektiv führen können. Damit die Lehre-rinnen und Lehrer diesen vielfältigen Aufgaben gerecht werden, muss es für sie die Möglichkeit und die Pflicht der Fortbildung geben.
Denn Sie als Lehrerinnen und Lehrer tragen die große Verantwortung für das Gelin-gen des Unterrichts und damit auch dafür, unseren Kindern das Beste mit auf den Weg zu geben. Hierfür wünsche ich Ihnen ein gutes Händchen und möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich trotz der schwierigeren Rahmenbedingungen um die Bildung und Erziehung unserer Kinder und Jugendlicher mühen.

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